Ein staatliches Monopol für die Stromversorgung der Schweiz
Ein Insider hat es heute im persönlichen Gespräch auf den Punkt gebracht: Mit den Notmassnahmen, welche der Bundesrat heute morgen beschlossen hat, „hat er die Axpo zu Grabe getragen – zumindest in der bisherigen Form.“
Was für die Axpo, deren Aktionäre bekanntlich die 9 “nord-ostschweizerischen” Kantone sind, gilt, gilt wohl auch für das seit Jahrzehnten geltende Regime der Schweiz mit der Delegation der Stromversorgung an privatrechtlich organisierte Konzerne. Jetzt übernimmt der Bund, wie das bisher von ganz rechts schon länger und neuerdings auch von links gefordert wird – unabhängig von Stromimporten aus dem Ausland.
In den letzten Tagen gab es deutliche Signale aus der Wirtschaft, dass auch sie, notgedrungen, der Meinung ist, dass die Stromversorgungssicherheit in der Schweiz künftig durch den Staat gewährleistet werden müsse.
Der jetzt via Notrecht vom Bundesrat beschlossene Notschirm für die grossen Stromkonzerne ist selbstverständlich an weitgehende Bedingungen geknüpft. Bei einer Inanspruchnahme der Bundesmilliarden geben die Stromkonzerne ihre unternehmerische Freiheit praktisch auf.
Schon länger stellt man sich im Umfeld der Axpo die Daseinsfrage. Anlass dieser Überlegungen waren früher die zu geringen Erlöse aus der Stromproduktion. Es wurden Modelle einer Aufteilung der Axpo diskutiert: eine (unrentable) noch stärker an Kantone (oder den Bund) angelehnte Firma und die Herauslösung einer ganz von den staatlichen und politischen Restriktionen losgelösten, börsenkotierten Firma, welche sich ganz auf den Stromhandel konzentriert.
Diese Pläne, welche vorübergehend in den Schubladen in Baden abgelegt waren, sind schon seit einiger Zeit wieder aktuell: Seit die Wasserkantone entschieden haben, sie wollten beim Auslaufen der Konzessionen in den 2030er Jahren die Wasserkraftwerke selber übernehmen. Damit, so hoffen sie, werden sie viel mehr Geld verdienen als im bisherigen System, bei dem sie „nur“ indirekt über die Wasserzinsen und über die Dividenden ihrer Aktien bei den Stromkonzernen am vielversprechenden Geschäft mit dem Strom beteiligt sind.
Vielsagend hat der für das Wassergeschäft des Kantons Graubünden zuständige Regierungsrat Mario Cavigelli das Modell mit einer neuen Axpo, die sich auf den Stromhandel konzentriert, an diesem Wochenende wieder öffentlich ins Spiel gebracht. Die NZZ spricht von einem „Umsturz in den Alpen“.
Doch dabei drohen den Wasserkantonen massive Investitionen. Nicht nur die Finanzbranche zweifelt, ob die Kantone dies finanziell und strukturell stemmen können. Und darauf zu hoffen, dass der Bund das Risiko dieses Geschäft übernehmen wird (via Notschirm?), sollte es dann wiedereinmal nicht so gut laufen, ist reichlich frivol.
Die entscheidenden Fragen wird jetzt sein: Was will der Bund? Mit dem Entscheid für einen Notschirm hat der Bund politisch eine rote Linie überschritten. Er ist jetzt in der Pflicht, den neuen Weg in die Zukunft der Schweizer Stromproduktion aufzuzeigen. Es ist davon auszugehen, dass die Wasserkantone dem Bund ihre bisherigen Privilegien (und ihre Machtposition) nicht einfach kampflos abtreten werden. Aber angesichts der sich stellenden Herausforderungen, werden die Kantone schliesslich einsehen, dass es am sichersten ist, wenn sie es sich unter dem Dach des Bundes, fett abgegolten, bequem machen.
Alles deutet heute darauf hin, dass der Bund ein staatliches Monopol installieren wird/muss, um die systemrelevante Stromversorgung zu gewährleisten, wie er das zum Beispiel ähnlich auch im Strassenbau macht.
Mir graut davor, denn damit wird die Stromversorgung der Schweiz endgültig zum Spielball der kurzfristigen Interessen der Politik.