Elsass, Geschichte, Habsburg

Eine Sundgauer Prinzessin rettet die Dynastie der Habsburger

Johanna von Pfirt (Wiki Commons)

Johanna von Pfirt war sehr wahrscheinlich noch nicht ganz 12 Jahre alt, als sie am 17. März 1324 in Brugg, Basel oder Thann mit Herzog Albrecht II. von Österreich (Habsburg) verheiratet wurde.

Sie war als Erbin grosser Teile des Sundgaus mit Sicherheit die begehrteste Partie ihrer Generation in unserer Region am Oberrhein. Was damals noch niemand ahnen konnte: Johanna (oder Jeanne) wurde zur Retterin der Dynastie der Habsburger:

Weil die fünf Brüder Albrechts alle frühzeitig starben, ohne männliche Erben zu hinterlassen, die das Mannesalter erreichten, wurde die Prinzessin aus dem südlichen Sundgau die Stammmutter aller folgenden Habsburger Herzoge, Erzherzoge, Könige und Kaiser.

Die Dynastie der Habsburger herrschte unter Karl V. über ein Reich, „in dem die Sonne nie untergeht“. Sie bestimmte die Politik Europas ganz wesentlich mit bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Lange hatte es allerdings auch bei Johanna und Albrecht schlecht ausgesehen bezüglich Nachkommen. Es dauerte 15 Jahre ehe die Herzogin 1439 endlich ihr erster Kind gebar, einen Buben. Er wurde auf den Namen Rudolf (IV). getauft, wie sein elsässisch-aargauischer Urgrossvater König Rudolf I.. Die späte Schwangerschaft gab Anlass zu unangenehmen Gerüchten: Albrecht, dem der Beiname „der Lahme“ anhing, weil er, gezeichnet von einem Giftanschlag und schwerer Poliartritis, schon sehr früh körperlich stark behindert war, musste von der Kanzel der Kirchen herab verkünden lassen , dass er sehr wohl der Vater von Johannas Kind sei.

Seit ihrer Hochzeit lebte Johanna meist in Wien. Sie kam nur noch sporadisch in den Sundgau zurück, nahm aber aktiv Einfluss auf die heimische Politik.

Zeitgenössische Lästermäuler und politische Gegner bezichtigten Johanna nicht nur, „Bastarde“ geboren zu haben, sondern auch eine Giftmörderin zu sein. So wurde ihr unter anderem unterstellt, die einzigen Thron-Konkurrenten ihre Söhne, die Söhne von Albrechts jüngerem Bruder Otto, aus dem Weg geräumt zu haben.

Johanna starb in Wien 1551 kurz nach der Geburt ihres 6. Kindes.

Das Datum der Hochzeit von Johanna und Albrecht im März 1324 hat die Stadt Thann jetzt zum Anlass einer grossen Feier genommen und hat das Jahr 2024 gleich zum Jeanne-de-Ferrette-Jahr („JdF24“) ausgerufen.

Initiant und „Spiritus Rector“ von JdF24 ist der Historiker André Walgenwitz, der nach der Renovierung des grossartigen Münsters von Thann vor 6 Jahren entdeckt hat, dass sich an den Wänden und Decken des Innenraums der Kirche, nicht nur die Bedeutung Jeanne de Ferrettes manifestiert, sondern auch ihre acht Nachfolgerinnen als habsburgisch-österreichische Gräfinnen von Pfirt verewigt sind: Zum Beispiel Catherine de Bourgogne, welche rund 20 Jahre Regentin des Sundgaus war, oder Anna von Braunschweig, Eléonore von Schottland, Mechtild von der Pfalz , Katharina von Sachsen oder Bianca Sforza von Mailand.


Um die gewünschte mediale Aufmerksamkeit für die Festivitäten zu gewährleisten, engagierte die Stadtverwaltung von Thann Prinz Albert von Monaco als Stargast. (siehe Kasten „Der Prinz liess auf sich warten“). Die Fürstenfamilie Grimaldi von Monaco hat im 18. Jahrhundert via eine französische Adelshochzeit den Titel der Grafen von Pfirt geerbt.

Mit dabei bei „JdF24“ sind auch die Städte und Dörfer Altkirch, Belfort, Bergheim, Feldbach, Ferrette, Ottmarsheim und Ensisheim, die alle eine bemerkenswerte Habsburger Geschichte haben.

Sie bieten über das 2024 Jahr verteilt eine ganze Reihe von Veranstaltungen, die an das gemeinsame habsburgische Erbe erinnern.

Es scheint, als entdecke das Elsass endlich seine habsburgische Geschichte (wieder). Mehr dazu, dann in der nächsten Gazette.

Die Société d’Histoire du Sundgau hat schon zwei Bücher herausgegeben, die sich mit Jeanne und den Gräfinnen von Pfirt befassen:

Gabrielle Claerr-Stamm:                                               „Johanna von Pfirt“, 1996
Philippe Lacourtund Paul-Bernard Munch:         „Ferrette et ses Comtesses“; 2024       

Dieser Artikel ist in der “Elsass-Gazette” Nr. 164 des Kulturvereins Elsass-Freunde Basel im April 2024

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